Der feurige Fischer vom See

 

Einst lebte in Lindau ein wohlhabender Fischer. Nachts schlich er an den Booten der anderen Fischer vorbei und zerschnitt deren Netze, denn der Fischer war von Neid und Habgier getrieben und mochte den anderen den guten Fang nicht gönnen. Eines Nachts, als er besonders wütend war, zündete er gar das Netz eines anderen Fischers an. Im Schein der Flammen sahen die Bewohner Lindaus sein Gesicht.

Nach dieser schicksalshaften Begebenheit ward der Fischer nicht mehr gesehen, seine Hütte war leer, seine Boote lagen nutzlos am Ufer. Doch seit jener Nacht trieb eine unheimliche, grell leuchtende Gestalt auf dem See ihr Unwesen. Sie tauchte wie aus dem Nichts auf, obwohl ihr Boot weder Segel noch Ruder besaß und schrie um Hilfe, mit einer geisterhaften Stimme, die über ein zwölffaches Echo verfügte. Warf man der Gestalt ein Tau zu und rief "Fischer, do hosch an Bendl", so kam sie näher heran, nahm das Seilende, zündete es an und sagte tonlos und erschöpft "So lange die Schnur brennt, so lange darf ich ausruhen von meinen höllischen Qualen". Half man der Gestalt jedoch nicht, so stahl sie den Fischern die Netze und zerstörte deren Angelschnüre. Der flammende Unhold ward fortan "der feurige Fischer" genannt. So manches Mal kam der Unhold gar an Land und klopfte an die Fensterscheiben der braven Bürger, in der Hoffnung, sie reichten ihm einen Faden.  Wenn du also des Nachts am Ufer des Bodensees spazieren gehst, vergiss nie eine Schnur mitzunehmen...

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