Das Erenmännle vom Bösenreutiner Tobel
In einer Höhle im Wald beim Bösenreutiner Tobel lebte zur Zeit des 30-jährigen Krieges, zu Beginn des 17. Jahrhunderts, einst ein Wesen, welches die Leute unter dem Namen "Erenmännle" kannten. Ein friedliches Wichtelmännchen, manche nannten es gar Kobold. Das Erenmännle besaß einen funkelnden Schatz, den es in seiner Höhle versteckte. An besonders schönen Sommertagen nahm es seine Schätze hervor und polierte die goldenen und silbernen Teller und Krüge so glänzend, dass es im ganzen Tobel nur so schimmerte. Die Leute sagten auch, dass dies ein Zeichen dafür war, dass es nun für längere Zeit gutes Wetter gab. Sobald sich aber ein Mensch der Höhle näherte, versteckte das Erenmännle seine Schätze wieder in seiner Höhle. Den armen Bauern der Umgebung half es tatkräftig bei der Arbeit. Auch ließ es bei der Feldarbeit des Öfteren die Mägde und Knechte aus seinen silbernen und goldenen Tellern und Krügen mit seinem silbernen Besteck speisen. Sobald sie sich nachts schlafen legten kam es hervor und beendete sämtliche angefangene Arbeiten des Tages. Dies tat es so leise, dass weder Tier noch Mensch auf dem Hof davon erwachten. Zum Dank legten die Bauern ihm Brot vor die Türe. Während des 30-jährigen Krieges hatte Bösenreutin einen reichen, missmutigen Dorfhauptmann. Er mochte es den armen Bauern nicht gönnen, dass ihnen das Erenmännle bei der Arbeit half, und er nichts davon hatte. Er heckte also eine List aus, wie er dem Männle wenigstens ein paar Schätze abluchsen konnte. Eines Nachts, es war schon fast Morgen, folgte er deshalb dem Männle und hetzte ihm eine mitgebrachte Gans in seine Höhle, um es heraus zu locken. Die Gans fand man anderentags unversehrt einige Kilometer entfernt aus einer Höhlung an der Laiblach kommen. Das hilfsbereite Erenmännle aber ward samt seinem Schatz nie wieder gesehen. Solltest du jemals im Tobel ein Glitzern und Funkeln sehen ... vielleicht ist es zurückgekommen, und du hast den Schatz vom Erenmännle wieder einmal gesehen.